Demokratiekonferenz als rassismuskritische Fachtage

Starke Visionen, neue Netzwerke und kreative Projektideen

In diesem Jahr fand die Demokratiekonferenz der lokalen Partnerschaft für Demokratie Würzburg in Kooperation mit drei Partner:innen als mehrtägiges Format statt: Vom 09.11 bis 11.11.2021 luden die Verantwortlichen von „Demokratie leben!“ in Würzburg gemeinsam mit dem Bezirksjugendring Unterfranken, der Jugendbildungsstätte Unterfranken sowie der Akademie Frankenwarte zu einer etwas anderen Demokratiekonferenz im Open Space Format ein. An drei Tagen fanden die Teilnehmenden aus unterschiedlichen Vereinen, Initiativen und Organisationen in den Räumlichkeiten der Jugendbildungsstätte Zeit, um sich gemeinsam mit verschiedenen Aspekten von „Rassismus in Würzburg“ auseinanderzusetzen, ihre Ideen zu diskutieren und schließlich starke Projektvorhaben zu entwickeln. Daher auch der passende Untertitel der Veranstaltung: „Der Ort, an dem wir Zukunft ausprobieren.“

Die Demokratiekonferenz startete am Dienstagabend des 9. Novembers mit einem Gesprächsformat zwischen der Regisseurin, Produzentin, Autorin und Moderation Mo Asumang sowie Vertreter:innen der Initiative Tekiez Halle. Moderierte wurde das Gespräch vom Leiter der Jugendbildungsstätte Stefan Lutz-Simon. Mo Asumang wurde im Jahr 2019 für ihr Engagement gegen Rechtsextremismus mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet und hat unter anderem den Dokumentarfilm „Die Arier“ gedreht und vor bereits zu Lesungen in Würzburg zu Gast. Tekiez Halle hat sich nach den Anschlägen vom 9. Oktober 2019 auf die Synagoge in Halle sowie den Imbiss Kiez-Döner gegründet. Aus dem ehemaligen Imbiss entsteht ein Restaurant, Unterstützung beim Umbau finden die Brüder Ismet und Rıfat  Tekin insbesondere durch eine Soli-Gruppe. Im Gespräch mit Ismet Tekin, dem Besitzer des ehemaligen Kiez Döner, wird deutlich, wie wichtig und essentiell die Unterstützung der Soli-Gruppe für die Zeit nach dem Anschlag war und ist. Mo Asumang machte eindrücklich klar, woraus sie ihre Motivation für ihre wichtig Arbeit zieht und wie sie sich weiterhin deutlich und kraftvoll im Themenfeld Rassismus und Rechtsextremismus engagiert.

Am zweiten und dritten Tag fand mit der Veranstaltung im Open Space Format das Herzstück der Demokratiekonferenz statt und stand unter dem Motto „Rassismus in Würzburg – Wir stellen uns. Visionen – Projekte – Netzwerke“. Der Titel des Open Space wurde von den Kooperationspartner:innen ganz gezielt in dieser Form gewählt. Rassismus stellt nicht etwa seit den Anschlägen der letzten Jahre und der Black Lives Matter Bewegung eine wirkmächtige Ideologie dar. Dieser Ideologie und seinen Auswirkungen widmet sich die Demokratiekonferenz, ganz klar mit einem lokalen Bezug auf die Stadt, in der wir alle leben, arbeiten, wohnen, wo wir zur Schule gehen, Freunde treffen, feiern und trauern. Dabei ist das selbstgesetzte Ziel, sich dem Thema selbstkritisch zu stellen und eigene Rassismen zu hinterfragen, um daraus gemeinsam Ideen zu entwickeln, welche in Projekten münden sollen, die von einem breiten Netzwerk getragen werden. Denn Rassismus geht uns alle an – nicht nur die Betroffenen – und verlangt nach starken Bündnissen und einem entschiedenen Auftreten.

Das Open Space Format stellte eine besondere Form dar, um sich intensiv mit genau diesem Motto auseinanderzusetzen. Die Methode unterscheidet sich von anderen dadurch, dass im Open Space die Teilnehmenden selbst bestimmen, wann, wie lange und worüber sie reden. Konkret bedeutet dies, dass sich jede Person rund um den Titel ein eigenes Thema – im Open Space ein „Anliegen“ genannt – aussuchen konnte. Diese Anliegen wurden zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlichen Räumen bearbeitet – das Format gibt einen Rahmen vor, die Inhalte liefern die Teilnehmenden selbst.

Und so kam es, dass sich schnell zahlreiche Anliegen fanden und in insgesamt 12 Kleingruppen von 10:45 bis 17:15 Uhr ein reger Austausch stattfand. Die Anliegen reichten von „Strukturelle Antworte und Maßnahmen auf Rassismus“  bis „Wie Menschen mit dem Thema (Anti-) Rassismus erreichen“. Anschließend diskutierten alle gemeinsam, wie sie die Arbeit in diesem freien Kontext empfunden haben. Das Fazit war überwiegend sehr positiv: Die freie Themen-, Zeit- und Raumwahl sowie die unterschiedlichen Gesprächspartner:innen in den vier Räumen hatte vielen die nötige Zeit gegeben, um über die Aspekte zu reden, die ihnen wirklich unter den Nägeln brennen. Am Abend gab es mit der Filmvorführung von „Masel tov Cocktail“ über den Alltag eines jüdischen Jugendlichen den gelungenen Abschluss eines langen Tages.

Beim zweiten Teil des Open Space am nächsten Tag drehte sich alles um konkrete Projektvorhaben. Nachdem die Ergebnisse des vergangenen Tages in der Leserunde frisch in Erinnerung gerufen und Projektideen notiert wurden, stellten einige Teilnehmende ihre Vorhaben im Plenum vor. Dann erhielten noch einmal alle Zeit in Kleingruppen – diesmal um konkrete Schritte zu planen, Vereinbarungen zu treffen und Kontaktdaten auszutauschen. Dabei entstanden in vier Räumen ganz unterschiedliche Projekte, die in 2022 umgesetzt werden sollen.

Wir können gespannt sein, von welchen Gruppen wir in 2022 hören, sehen und lesen werden und welche kreativen Visionen als Projekte in 2022 in unserer Partnerschaft für Demokratie Würzburg umgesetzt werden. Als Koordinierungs- und Fachstellen stehen wir allen Projektträger:innen beratend und begleitend zur Seite und unterstützen gerne von der Projektkonzeption, der Antragsstellung bis zum Projektabschluss und der Erstellung des Verwendungsnachweises.

Die Veröffentlichung stellt keine Meinungsäußerung des BMFSFJ oder des BAFzA dar. Für inhaltliche Aussagen tragen die Autorinnen und Autoren die Verantwortung.

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